Ein Winter in der Sonne

Reisebericht Karibikfahrt 2012/13

Domenikanische, die Zweite

26. März 
Auf der Überfahrt – gerade als wir das einfach aus dem Atlantik heraus ragende Riff “Mouchoir Bank” überqueren – fangen wir kurz hinter einander zwei große Fische, erst eine Art Makrele, dann wieder ein riesen Barrakuda. Der springt uns jedoch kurz vorm Ketscher von der Angel …. Und ich bin voll froh darüber. Doch was macht der dumme Fisch? Schwimmt zwei Meter zurück und dann nach rechts und beißt in den nächsten Köder. Hätte nicht gedacht, dass es auch Suizid-gefährdete Barrakudas gibt. Nun denn, wir werden dich in Ehren verspeisen! Das ist echt der leckerste Fisch von allen. Wieso gibt’s den nicht im Fischladen?

Wieder eine Nacht auf dem Meer, wieder nicht richtig geschlafen, wieder dreht der Wind in unsere Richtung. Wir sind müde und gehen vor Sosua vor Anker. Süßer Ort. Wir lassen das Dinghy runter und shippern an Strand, sprechen den Erstbesten Dominikaner an, wer uns Geld wechseln kann. Schwer wichtig begleitet er uns zu einem der vielen Bars & Restaurants, die hinter den Palmen an einer Art Strandpromenade liegen. Viele Einheimische, kaum Touris, gefällt uns. Kaum sitzen wir in unsere Korbstühlen und bestellen den ersten Mojito, sehen wir einen jemanden an unserem Dinghy stehen, suchend. Ein Marineoffizier, er weist sich aus und fragt nach unseren Papieren. Und ich lege los, von wegen wir kommen gerade von den Turks, wir wollten eigentlich nach Samana, wir hätten so schlechtes Wetter, wir sind so müde, wir waren ja schon mal auf Hispaniola, wir wollten nur kurz ein bisschen schlafen, wir …. Nach eine halben Stunde habe ich ihn so weit “ach Mädel, was soll ich bloß mit dir tun???” Er holt den Typen vor, der uns vorhin zum Geldwechseln begleitet hatten (anscheinend sowas wie der ortsansässige Strandmafiosi) und wir einigen uns auf 1.000 Pesos (ca. 20$), die ich dem Mafiosi gebe …. Denn ich darf ja nicht einen offiziellen Kriegsmarine Offizier bestechen Ich muss ihm noch hoch und heilig Versprechen, dass wir im nächsten Hafen natürlich NICHT sagen, dass wir hier waren und kennen wir natürlich auch nicht und gesehen haben wir niemanden und überhaupt, wir sind garnicht da.

Ich belohne mich mit einem Mojito, Walter trinkt aus Solidarität mit. Nach den überteuerten Caico-Drinks, sind wir wie verdurstet und der Wirt kann garnicht so schnell die Cocktails schütteln wie wir sie austrinken. Es wird ein lustiger Abend mit ziemlich verqueren Typen, die wir am Strand kennenlernen.

Der nächste Tag wird entsprechend …. der übliche Wind gegen an, einen ätzende, steile und kurze See, unserer verkaterter Magen schreit nach Ruhe. Wir segeln in die Bucht von Rio San Juan. Ein Fischer fängt uns ab und geleitet uns durch die Riffs, das war gut, den die meisten sind nicht eingezeichnet. Nett nicht unbedingt, weil er natürlich dafür eine Belohnung will. Benzin. Haben selber aber nicht mehr so viel für den Außenborder, also kriegt er unsere letzten 500 Pesos. Und bringt uns als Dank eine halbe Stunde später, den ortsansässigen Kriegsmarine Offizier an. Der steht ganz wichtig im Bug von dem Kahn. Wir versuchen uns das Grinsen zu verkneifen, man stelle sich vor, ein verdrecktes, verrostetstes Etwas, ohne Bänke oder irgendwelche andere Innenleben, ein Offizier in voller Montur mit Uniform und Mütze und alles, steht vorne im Big, krallt sich verzweifelt an einen Tampen der vorne festgemacht ist (so’n bisschen als würde er Wasserski fahren), klar, der Tampen ist ja jetzt nicht so wirklich fest, also keine Stange oder Reling oder sowas und der steht da, versucht cool zu sein und sich nicht anmerken zu lassen, dass er echte Schwierigkeiten mit der Balance hat. Zwei Meter bevor sie uns erreichen – wir hatten schon höflich “holahola” gemacht – verreckt deren Außenborder …. er zieht und zieht und zieht an der Anreissleine … nix … nulo … je weiter sie antreiben, desto größer wird unser Grinsen. Als sie dann fast ‘ne halbe Meile abgetrieben sind, erbarmen wir uns ihrer, lassen unser Dinghy zu Wasser und erretten sie aus ihrer Seenot. Nicht aus Seemänischer Solidarität, sondern in der Hoffnung auf eine Reduzierung des Bestechungsgeldes (wir haben ja keine Pesos mehr …), aber erst mal muss natürlich die Ehre gewahrt werden, also: wir kommen von den Turks, wir wollten nach Samana, wir hätten soooo viel Wind, wir sind sooooo müde, wollen nur ein biiiiiiischen schlafen …. sie lassen sich mit ‘n paar Bier, 2 Flaschen Sekt und 1 Flasche Schnaps das Versprechen von uns abnehmen, dass wir im nächsten Hafen niemandem erzählen, dass wir hier waren (und überhaupt, uns gibt’s ja garnicht), dann bringen wir sie zum nächsten Schiff, von wo aus man sie dann an Land bringen könnte …. Allerdings sehen wir den Rest des Abends keinerlei Schiffsbewegungen mehr, wahrscheinlich haben sie nach dem Genuss deutschen Schnaps erst rechts Balanceschwierigkeiten.

Am nächsten Abend wollen wir “el Valle” übernachten, sieht auf der Karte sehr geschützt aus. Ist es aber nicht, der Schwell am Strand artet in eine riesige Brandungswelle aus, an den Felswänden Spritzen die Brecher hoch, wir drehen ab, eine weitere Nachtfahrt. An der Küste haben wir Fallwinde, die aus dem Nichts mit 33 Knoten selbst den Katamaran in eine Schräglage versetzen. Unmöglich, dass dem Autopiloten zu überlassen. Ziemlich erledigt kommen wir am nächsten Mittag in die große Bucht von Samana und gehen vor Santa Barbara de Samana vor Anker. Ich bin übermüdet und jetzt schon genervt, wenn ich ans das Palaver mit den Beamten denke. Doch …. Oh Wunder … Keiner kommt. Keiner will sich profilieren, keiner will Geld. Wir gehen an Land und kaufen ein bisschen ein. Lebensmittel relativ billig, Bier 1,20€ die Dose, IM SUPERMARKT!!!! Verstehe ich nicht, muss ich aber auch nicht, will ich auch garnicht. Später nochmal Landgang zwecks Internet, finden wir auch, im Café Paris, einheimisch, nett, billig, gute Mojitos. Und immer noch will keiner was von uns ….

Obwohl wir uns eigentlich mal ein paar Tage Ruhe gönnen wollten, finden wir es hier nicht so wirklich toll, also segeln wir morgens gemütlich los und suchen die berühmten Wale, die hier überall gewatcht werden. Auf der Überfahrt von den Turks hatten wir schon ganz in der Ferne welche gesehen und in einer Nachtwache habe ich sie singen (oder sprechen oder sich unterhalten oder wie auch immer man diese Laute nennt) gehört und die Blasgeräusche, wenn sie die Luft oben aus ihren Atmungs-Öffnungen ausblasen. Das waren sehr bewegende Momente, doch wollen wir sie so gerne mal aus der Nähe sehen. Wir finden zwar keine Wale, dafür aber die Bacardi Insel und kurz dahinter einen Kilometerlangen, vollkommen verlassen Strand. WOW. Und das in der DomRep??? Da ankern wir.

Die Freude ist von kurzer Dauer. Est zwei dann immer mehr Personen versammeln sich am Strand. Hinter den Palmen erkennen wir ein paar Hütten, und diesmal ist nicht einer, sondern gleich alle in Militäruniform. Sie laufen alle ganz aufgeregt und wirr durcheinander. Als sie ein Boot hinter den Palmen hervor ziehen und ins Wasser lassen, holen wir den Anker hoch und fahren wieder los. Sie verfolgen uns ein ganzes Stück entlang der Küste in einem Jeep. Eigentlich wollten wir die restliche Dominikanische Küste gemütlich entlang fahren und uns in Punta Cana verabschieden, eigentlich wollten wir ja auch ganz offiziell in Samana einklarieren um diesem ganzen beknackten Rumgelaber aus dem Weg zu gehen. Aber sie wollten ja nicht. Und jetzt wollen wir auch nicht mehr.

Wir sind übermüdet, überanstrengt, übernervt, egal, wir setzen jetzt Kurs auf Puerto Rico.

Wale
Schon näher an Puerto Rico als an der Dominikanischen, sehen wir auf einmal etwas am Horizont … Könnte es sein? Sind sie es? Sind sie es? Ja, sie sind’s
Eine Gruppe mehrerer Kleinwale und zwei Größere, die jedoch nicht so nah ans Schiff kommen, trotzdem, ein unglaublicher Moment!!!